Adelheid Enderle: Die Geschichte der Säckinger Holzbrücke

Adelheid Enderle-Jehle ist nicht nur Historikerin und zudem die Stadthistorikerin von Bad Säckingen. Sie ist quasi genetisch oder epigenetisch vorbelastet, denn bereits ihr Vater Dr. Fridolin Jehle befasste sich bis zu seinem Tod 1976 mit der Geschichte seiner Heimat. Von 1946 bis 1950 war er Bürgermeister der Stadt Säckingen. Er war Mitglied in der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde und 1974 Teilnehmer der Gründungsversammlung des Geschichtsverein Hochrhein. Wer sonst als sie ist geeigneter, Geschichte(n) über die Geschichte der längsten überdachten Holzbrücke Europas zu erzählen. Ohne Dachvorsprung bringt es die Holzbrücke auf 203,7 Meter Länge. Schweizer Zeitungen bestätigen: Ihre Konkurrentin, die Luzerner Holzbrücke, ist nur 202,9 Meter lang.  2023 wurde die Brücke 450 Jahre alt, auch wenn das Alter der Brücke in ihrer heutigen Form nicht exakt überliefert ist. Bad Säckingens damaliger Bürgermeister Günther Nufer hat das Baujahr kurzerhand selbst datiert - auch um gemeinsam mit Stein feiern zu können. 

Mit den Brücken rund um Säckingen ist es schwierig, da unklar ist, welche Brücke der damaligen Inselstadt eigentlich gemeint ist - über den Haupt- oder Nebenarm des Rheins, aus Holz oder aus Stein. Erste Brücken wurden bereits vor 1270 erwähnt.  Viele Brückenbauten wurden durch Katastrophen oder Kriege zerstört. Doch die Brücke wurde trotz hoher Kosten immer wieder neu errichtet. Damit erhielt u.a. das Kloster Säckingen schnellen Zugang zu seinen Besitzungen auf der anderen Rheinseite. Die heutige Brückenkonstruktion entstand in den Jahren nach 1810. Seit 1979 dient sie ausschließlich den Radfahrern und den Fußgängern. Nicht nur als Foto ist die Brücke weltbekannt. Die von Bernadette Baltis 2008 entworfene Briefmarke mit dem Motiv der Brücke wurde mit einer Auflage von 14 Mio Stück gedruckt und fand ihren Weg auf Briefen in alle Welt. Die Briefmarke mit dem Motiv der Alten Rheinbrücke zwischen Bad Säckingen und Stein erschien gleichzeitig in Deutschland und in der Schweiz. Bei der Deutschen Post war die Marke Teil der Serie "Brücken verbinden" und 70 Cent wert, in der Schweiz kostete sie 100 Rappen.

Hier zum Nachlesen ein Text über die Geschichte der Brücke, ebenso verfasst von Frau Adelheid Enderle und veröffen tlicht auf der Homepage von Bad Säckingen

Die Historie der Holzbrücke

Stadt und Brücke

Über die verschiedenen Bauepochen der Bad Säckinger Brücken in früheren Jahrhunderten sind wir leider nur mangelhaft unterrichtet, da städtische Archivalien aufgrund des großen Stadtbrandes von 1272 fehlen.

Ein gewisses Bild der Entwicklung lässt sich trotzdem aus indirekten Quellen ermitteln. Es zeigt, dass sich im Schicksal der Brücke die Geschichte der Stadt mit ihren Bürgern spiegelt. Infolge seiner früheren Insellage hatte Bad Säckingen seit dem Hochmittelalter zwei Brücken, welche die Verbindung nach beiden Ufern des Rheines herstellten. Die steinerne Bogenbrücke über den nördlichen Rheinarm wurde 1830 eingedämmt und ruht heute noch im Erdreich unter der Steinbrückstraße.

Ein bewegtes Schicksal erlebte dagegen die Holzbrücke. Sie symbolisiert durch alle Jahrhunderte den Lebenswillen der Stadtbewohner. Das Wirtschaftsleben war eng mit ihr verflochten, umso mehr, da bis in das 19. Jahrhundert das eigentliche wirtschaftliche Hinterland der Stadt im linksrheinischen Fricktal lag.

Die Brücke im Mittelalter

Die älteste Erwähnung einer Brücke in Bad Säckingen findet sich in den Kolmarer Annalen für die Zeit vor 1270. Im April des Jahres 1343 schlichtete Königin Agnes von Ungarn offene Differenzen zwischen Stift und Stadt, bei der auch die Brücke Gegenstand der Auseinandersetzungen war. Aus diesem Jahr stammt auch die Kenntnis der ersten Hochwasserkatastrophe, bei der die Brücke und mehrere Häuser weggerissen wurden. Dieses Schicksal widerfuhr der Brücke, damals noch auf zwölf Pfeilern stehend, in der Folge noch öfter. In den Februartagen des Jahres 1408 richtete ein starker Eisgang große Schäden an. Um die Kosten des Wiederaufbaues zu decken, überließen die Herzöge von Österreich der Stadt „zu einer hilf und widerbringung derselben prugg“ die Einnahmen aus dem Rheinzoll. Brücken- und Rheinzoll waren seitdem die wichtigsten Einnahmen der Stadt. Sie betrugen ungefähr ein Drittel des städtischen Gesamteinkommens, wobei allerdings ein Großteil wieder für den Unterhalt des immer gefährdeten Bauwerks aufzubringen war. Als das große Hochwasser von 1480 beinahe alle Joche der Brücke wegriss, musste die Stadt für den Wiederaufbau eine für die damalige Zeit immense Summe von über 1000 Gulden als Schuldenlast aufnehmen. Nachdem schon 1506 der Rhein erneute Zerstörungen angerichtet hatte und 1570 ein gewaltiges Hochwasser zu verzeichnen war, entschloss man sich zu einer völlig neuen Baukonstruktion, bei welcher die bislang hölzernen Pfahljoche durch steinerne ersetzt werden sollten. Der Bau solcher Steinpfeiler stellte den Baumeister vor große Schwierigkeiten. Nun ruht die Brücke auf sieben Steinpfeilern, von denen heute nur noch sechs sichtbar sind. Das siebte Trägerwerk ist im 19. Jahrhundert in die Rheinufermauer auf der schweizerischen Seite einbezogen worden.

Die Brücke in der Neuzeit

Mit dem Neubau der steinernen Brückenpfeiler war für die Zukunft die Gefahr der Zerstörung durch Hochwasser weitgehend gebannt. Spätere Überschwemmungen verursachten nur noch Teilschäden. Bedrohlich dagegen blieben Kriege, welche in den folgenden zwei Jahrhunderten oft das Hochrheingebiet überzogen. Als im 30-jährigen Krieg der Pfalzgraf mit schwedischen Truppen heranrückte, wurde die Brücke niedergebrannt. Für 20 Jahre besorgte eine Fähre den Verkehr zwischen den beiden Ufern. Erst 1653 konnte der Wiederaufbau beginnen. 1678 zerstörten die kaiserlichen Truppen wieder ein Joch, um den heranrückenden Franzosen den Übergang zu sperren. Eine Reparatur der Brücke fiel abermals 1774 an, als ein Hochwasser ein Joch zerstörte und vier Jahre später einen Steinpfeiler vollständig unterspülte. Man bat Regierung und Landstände um einen finanziellen Beitrag, wurde jedoch abschlägig beschieden, da die Bad Säckinger Brücke keinem Nah- oder Fernstraßennetz integriert war. Nach Vorschlag der Regierung sollte die Brücke gar abgebrochen und durch einen Fährbetrieb ersetzt werden. Das benötigte Geld wurde erneut aufgenommen. Zwei Laufenburger Bürger, der Maurermeister Zech und der Zimmermann Blasius Baldischwiler, erhielten den Auftrag zur Wiederherstellung der Brücke. Als im April 1799 die Franzosen zwei Brückenbögen zerstörten, erhielt Baldischwiler erneut den Reparaturauftrag. Im Mai 1800 weilte er für drei Wochen mit seinen Holzarbeitern im Säckinger Wald, der, am Hang des Eggberg gelegen, schon seit Jahrhunderten das beste Eichenholz lieferte und dessen Qualität auch die Basler für ihre Brückenbauten bevorzugten. Die verschiedenen Herstellungsarbeiten, welche Baldischwiler an der Säckinger Brücke in drei Bauperioden innerhalb von dreißig Jahren durchführte, kamen einem Neubau der gesamten Brücke in ihrer Holzkonstruktion gleich. So kann Blasius Baldischwiler als Schöpfer der heutigen Konstruktion der Bad Säckinger Holzbrücke bezeichnet werden. Spätere Reparaturen haben sich auf das Auswechseln schadhaft gewordener Einzelteile beschränkt.

Als Folge der Neuordnung der politischen Verhältnisse in Europa wurde das bislang vorder-österreichische Fricktal dem schweizerischen Gebiet zugeschlagen, 1806 fiel Säckingen mit dem Breisgau an das Herzogtum Baden. Während im Rheinbett der Talweg die neue Grenze zwischen den nun benachbarten Staatsgebilden markierte, wurde auf der Holzbrücke die genaue Mitte zwischen den beiden Brückenenden als Hoheitsgrenze festgelegt. Die Brücke verblieb weiterhin in ihrer gesamten Länge im Besitz der Stadt. Am Brückeneingang auf schweizerischer Seite befand sich das städtische Zollhäuschen, der Brückenzoll betrug in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für eine Person 1 Kreuzer, für eine Person zu Pferde oder ein mitgeführtes Stück Vieh 2 Kreuzer.

Allerdings blieben die für die Stadt bestimmten Transporte zollfrei. Auch Gäste der Säckinger Thermalquellen waren vom Zoll befreit. 1869 übernahm der badische Staat die Brücke in sein Eigentum, der städtische Brückenzoll fiel somit weg. Zwischen 1960 und 1963 erfuhr die Säckinger Rheinbrücke eine weitere, größere Reparatur. Verursacht durch den Bau des neuen Rheinkraftwerkes und die dadurch bedingte Rheinbettvertiefung mussten die alten Pfeiler neu fundiert und verstärkt werden. So steht die Brücke unverrückt im Strom und bietet ein eindrucksvolles Zeugnis vom Können ihrer Erbauer. Mit der Einweihung der neuen Brücke wurden der alten Vorgängerin einstige Funktionen zurückzugeben. Die ungestörte Passage über den Rhein steht dem Fußgänger seitdem wieder offen, die Betrachtung der technischen Ingenieursleistung an Pfeilern und Jochen wird nicht mehr vom Verkehr behindert, jedermann bietet sich die Gelegenheit zum Blick auf die erneuerten Fassaden der Altstadt. So bedeutet die Einweihung der neuen Fridolinsbrücke im Jahr 1979 keinen Abschied von der alten, sondern die Bewältigung eines Schrittes der Zukunft im Einklang mit der Vergangenheit.

In den Jahren 1990 und zuletzt 2015 wurde die historische Holzbrücke Bad Säckingen umfangreich saniert. Mit Hilfe von Zuschüssen der Nachbargemeinde Stein, sowie der deutschen und schweizerischen Denkmalpflege konnten die umfangreichen Sanierungsmittel finanziert werden. Im Rahmen der Unterhaltungsarbeiten wurde die Brücke gründlich gereinigt, defekte Brückenteile sorgsam erneuert, und die Brückenheiligen behutsam restauriert. Die Stadt Bad Säckingen veranlasst jedes Jahr eine Brückenkontrolle, um den Zustand des nationalen Kulturdenkmales historische Holzbrücke zeitnah und fortlaufend zu überwachen.